"Im schönsten Beruf der Welt"
Im September 2018 hat Katrin Wilhelm hier von ihrem Start ins Vikariat berichtet. Zweieinhalb Jahre und zwei Elternzeiten später schaut sie auf ihre praktische Ausbildungsphase zurück.
- Text: ELKB/Katrin Wilhelm
3 Minuten
„Wow, da leuchten deine Augen ja richtig“, bekomme ich oft zu hören, wenn ich anderen Leuten von meinem Vikariat erzähle. Ja, dabei komme ich immer ins Schwärmen. Diese 2,5 Jahre waren für mich eine ganz prägende und besonders schöne Zeit in meinem Leben. Die beste „Belohnung“ nach dem langen Studium war für mich endlich praktisch im Pfarrberuf arbeiten zu dürfen. Ich hatte aus meiner Sicht für diese, zweite Ausbildungsphase auch eine sehr vielseitige Gemeinde erwischt, in der ich viel erleben konnte.
Dort wurde ich damals ganz herzlich aufgenommen und begrüßt. Alle freuten sich, dass ich da war. Ein neues Gesicht, ein junger Mensch, der neuen Schwung reinbringt. Von Anfang an war ich gleich mittendrin: in Gottesdienst-Planungen, im Religionsunterricht, bei Kirchenvorstandssitzungen, beim Volksfest zwischen Stadträten, bei Seniorenausflügen und ganz oft mit einem großen Stück Kuchen vor mir, sei es bei Geburtstagen oder anderen Besuchen bei Gemeindemitgliedern. Für mich war es anfangs auch etwas komisch, dass Journalisten Interviews oder Fotos machen wollten und mich dann in Zeitungen zu sehen.
Alle paar Wochen war ich mit den anderen Vikar:innen im Predigerseminar zusammen, um die Praxis theoretisch zu reflektieren. Dieser Austausch mit den anderen war so schön und wertvoll und immer auch eine kleine Verschnaufpause vom manchmal doch recht stressigen Alltag. Das erste Jahr verging wie im Flug, ich habe natürlich vieles angeschaut und nachgefragt, aber mir wurde von Anfang auch einiges zugetraut und ich durfte vieles gleich selbst durchführen. Meine erste Taufe und Beerdigung z.B. werde ich nie vergessen. Mein Mentor Christoph Keller war mir dabei immer eine große Unterstützung, wir haben viel nachbesprochen, was mir sehr geholfen hat und er hatte immer ein offenes Ohr für mich. Dass es gleich gepasst hat und wir uns so gut verstanden haben, ist echt ein Segen. Heute sind wir immer noch gute Freunde und er hat mich bei meiner Ordination mit eingesegnet.
"Im schönsten Beruf der Welt" - Pfarrerin Katrin Wilhelm segnet die Gemeinde. Bernd Ducke
Im zweiten Vikariatsjahr standen einige Beurteilungen, Prüfungen und das zweite Examen an. Nebenbei die Schul- und Konfirmationsstunden, Gottesdienste und Kasualien ganz eigenständig vorzubereiten und zu halten und auch die anderen Termine unter einen Hut zu bringen, war manchmal schon herausfordernd. Ja, es gab auch 12 Stunden Tage. Und viel Zeit am Laptop. Einige Dinge müssen für den nächsten Tag einfach fertig sein. Aber meistens fühlte es sich nicht wie lästige Arbeit an, sondern machte mir Freude.
Heute - nach zwei Mal einem Jahr Elternzeitpause - geht es mir da noch ganz genauso. Diese Arbeit mache ich mit ganzem Herzen. Das liegt vor allem daran, dass es nicht jeden Tag dieselbe ist. Es sind ja gefühlt 10 Jobs in einem: Liturgin, Religionslehrerin, Seelsorgerin, Eventplanerin, Managerin, Gemeindevertreterin, ... und so weiter. Diese Vielseitigkeit im Pfarrberuf schätze ich sehr, genauso das sehr ziemlich selbstständige Arbeiten. Auch die relativ flexiblen Arbeitszeiten passen gut zu meinem Familienleben. Oft kann ich nochmal abends, wenn die Kinder schlafen, einiges erledigen.
„Vor dem Vikariat hätte ich es mir nicht ausmalen können, wie schön und bereichernd das Kennenlernen, die Gespräche, das gemeinsame Planen und Erleben in diesem Kontext sind. So vieles hat mich sehr berührt und werde ich in meinem Herzen bewahren.“
Katharina Wilhelm
Abgesehen von den für mich guten „Rahmenbedingungen“, sind es aber natürlich vor allem die Kontakte mit den Menschen, wegen derer ich mir keinen anderen Beruf mehr vorstellen kann. Vor dem Vikariat hätte ich es mir nicht ausmalen können, wie schön und bereichernd das Kennenlernen, die Gespräche, das gemeinsame Planen und Erleben in diesem Kontext sind. So vieles hat mich sehr berührt und werde ich in meinem Herzen bewahren. Wenn ich Dankeskarten von Taufen oder Emails nach Beerdigungen mit „Sie haben den Abschied meiner Oma mit Ihrer herzlichen und warmen Art um ein Vielfaches erträglicher gemacht.“ erhalte. Wenn ich gemalte Bilder von Schulkindern mit Blumen und „Danke, dass Sie so eine tolle Lehrerin sind“ oder Nachrichten von Ehepaaren bekomme „Heute vor zwei Jahren hast du uns getraut- wir denken so gerne daran zurück.“, dann freue ich mich unglaublich, dass ich für diese Menschen etwas Gutes tun durfte. Man bekommt von ihnen so viel zurück - all die Zeit und Mühe, die man investiert, ist es wert.
Am Ende des Vikariats steht die Ordination – die Beauftragung zur öffentlichen Verkündigung und Verwaltung der Sakramente. Die Segnung und Sendung in den Dienst am Wort Gottes in Worten und Zeichen, in Lachen und Weinen mitten unter den Menschen. Vorgenommen wird die Ordination durch den jeweiligen Regionalbischof oder die Regionalbischöfin, danach ist man Pfarrer oder Pfarrerin.
Rückblickend bin ich sehr dankbar, dass ich im Vikariat so viele Erfahrungen sammeln und schon „richtig“, also in allen Bereichen, in diesem Beruf arbeiten durfte. Vorher wusste ich z.B. nicht, dass mir Unterrichten in der Schule oder Gottesdienste im Altenheim so viel Freude machen werden. Mir ist wichtig, dass Menschen ein positives Bild von Gemeinde und Kirche haben, Kraft aus dem Evangelium schöpfen und ihren Glauben offen leben können. Dazu möchte ich gerne beitragen. Dass ich nun – nach meiner Ordination – auch endlich den Titel „Pfarrerin“ tragen darf, macht mich sehr stolz und ich muss nicht mehr erstmal erklären, was eine Vikarin ist.
Katrin Wilhelm wird von Regionalbischof Christian Kopp ordiniert. Bernd Ducke
„Denn unser keiner lebt sich selber“, so beginnt mein Ordinationsspruch aus dem Römerbrief. Das ist für mich eine wichtige Erkenntnis, die ich auch aus dem Vikariat mitgenommen habe. Auch wenn es mal viel, schwierig oder hart wird, bin ich niemals alleine. Es gibt immer Menschen, die auch für mich da sind, mir helfen, wenn ich nicht weiterweiß. Und, dass ich mich bei meinen Aufgaben von Gott begleitet fühlen darf, gibt mir Kraft und Rückenwind für alles, was kommt. Ich freue mich darauf - im schönsten Beruf der Welt!
So viel Freude bestätigt auch Bischof Christian Kopp in seiner Ordinationspredigt:
"Keiner ist allein. Keine ist verlassen. Dieses Wort begleitet Sie, liebe Frau Wilhelm, schon große Teile ihres Lebens. Es ist ihr Konfirmationswort und nun auch Ihr Ordinationswort. Niemals allein. Immer mit Gott. Wir feiern heute Ihre Ordination und wir feiern das richtig gerne. Mit Ihrem lieben Mann. Mit ihrer Familie. Mit allen hier. Wir freuen uns. Denn: Katrin Wilhelm ist diesen Weg gegangen. Und das war richtig gut. Für Sie. Für uns. Für die evangelische Kirche in Bayern."