Berufsprofil Pfarrer*in der ELKB
„Wir sind neugierig auf alle Menschen“
Der Leiter der Abteilung F „Personal“ im Landeskirchenamt, Stefan Reimers, ist richtig gern Pfarrer. Die Vielfalt der Stationen, die Freiheit und die Gestaltungsmöglichkeiten sind für ihn der Reichtum des Pfarrberufs. Was sich die ELKB von und für ihren Nachwuchs wünscht, erzählt Reimers im Interview.
Herr Reimers, wonach sucht die ELKB beim Pfarrernachwuchs?
Wir suchen nach Menschen, die Lust haben, zu gestalten. Unsere Pfarrerinnen und Pfarrer sollten großes gesellschaftliches Interesse haben und Zuneigung zum Menschen mitbringen. Natürlich gehört zu dem Beruf auch intensive Auseinandersetzung mit Gott, mit der eigenen Beziehung zu Gott und der eigenen Spiritualität. Das muss alles nicht fertig sein, das darf alles auf dem Weg sein. Grundsätzlich sind wir neugierig auf alle unterschiedlichen Menschen, die den Pfarrberuf ausüben möchten.
Hat die ELKB also kein bestimmtes Pfarrerbild?
Das kann man so nicht sagen. Denn natürlich gehören zu einem Pfarrer beziehungsweise einer Pfarrerin die wissenschaftliche, theologische Ausbildung an einer Hochschule und eine praktische Ausbildungsphase im Vikariat. Aber wenn wir über ein Pfarrerbild reden, dürfen wir nicht starr sein, denn unsere Gesellschaft, unsere Kirche und die Menschen verändern sich. Wir sind in einer gesamtgesellschaftlichen Situation, in der vieles, was bisher gegolten hat, infrage gestellt wird. Das kann man nicht nur in der Kirche beobachten. Darauf müssen wir uns als Pfarrerinnen und Pfarrer einlassen können und offen sein für eine Welt im Wandel.
Was sind dabei die größten Herausforderungen für die ELKB und die Pfarrerinnen und Pfarrer?
Wir als Kirche müssen in Zukunft einen Spagat schaffen: Auf der einen Seite müssen wir lokal sehr präsent sein. Das wird in den verschiedenen Regionen und Orten sehr unterschiedlich aussehen und ausdifferenziert werden müssen. Auf der anderen Seite müssen wir weiterhin als eine gemeinsame Kirche auch mit gemeinsamen Rahmenbedingungen auftreten. Wir brauchen deshalb Pfarrerinnen und Pfarrer, die in der Lage sind, nicht nur auf Bedürfnisse zu reagieren, sondern die auch wirklich gestalten können. Menschen, die Unterschiedlichkeit schätzen und sich gleichzeitig als Teil eines großen Ganzen verstehen.
Was kann die ELKB den jungen Menschen dafür in der Ausbildung mitgeben?
Wir müssen die Pfarrerinnen und Pfarrer dazu befähigen, eigene Entscheidungen zu treffen, zu begründen und dann auch umzusetzen. Wir versuchen den Vikaren gutes Handwerkszeug mitzugeben, das sie befähigt, sich auf unterschiedliche Situationen einzulassen. Gleichzeitig fördern wir eine innere Weite und das Verständnis dafür, welches Entwicklungspotenzial in der Kirche steckt und welche unterschiedlichen Modelle es geben kann. Wir glauben, dass unsere Pfarrerinnen und Pfarrer mit dieser Unterstützung in der Lage sind, selbstständig und mit Freude am Austausch Gemeinde und christliches Leben aufzubauen.
Leiter der Abteilung F „Personal“ im Landeskirchenamt: Stefan ReimersELKB
„Der Pfarrberuf ist ein gestaltender Beruf, und wenn ich etwas gestalten will, dann brauche ich die Freiheit, das auch zu tun.“
Wieviel Freiheit hat man als Pfarrer auch für ganz neue Wege?
Ich persönlich bin immer noch richtig gern Pfarrer, auch weil ich persönlich immer wieder erlebe, wie viel Freiheit mir dieser Beruf bietet. Natürlich sind wir in Gemeindezusammenhänge und Rahmenbedingungen eingebunden und dadurch eingeschränkt, aber im Großen und Ganzen haben wir bemerkenswert viele Freiheiten. Das, was wir besonders wichtig finden oder das, was gerade am Ort Thema ist, können wir auf ganz individuelle Art und Weise angehen. Der Pfarrberuf ist ein gestaltender Beruf, und wenn ich etwas gestalten will, dann brauche ich die Freiheit, das auch zu tun.
Wie erklären Sie sich den Nachwuchsmangel? Was müssen junge Menschen wissen, die sich für den Beruf des Pfarrers oder der Pfarrerin entscheiden?
Ich denke, dass die gesamtgesellschaftliche Situation natürlich eine große Rolle spielt. Aber auch, dass die Kirchen im Moment nicht gerade die Lokomotive gesellschaftlicher Entwicklungen sind. Wir sehen uns einer besonderen Begründungsherausforderung gegenübergestellt. Wer sich für den Pfarrberuf entscheidet, kann sich nicht in ein gemachtes Nest setzen und hoffen, dass alles so bleibt, wie es ist, bis zum Ruhestand. Wir müssen immer stärker begründen und erklären und ausprobieren. Dafür brauchen wir Menschen, die Lust darauf haben und darin „ihre“ Herausforderung erkennen. Mein Gefühl ist übrigens, dass ganz viele junge Menschen heute genau mit dieser Offenheit und Motivation den Beruf anstreben. Ich erlebe eine große Bereitschaft, diese Herausforderungen anzunehmen und kraftvoll miteinander Kirche zu gestalten.